Jahreswechsel 2018/2019: Sozialversicherung (2/4)
Gefühlt ist es noch gar nicht so lange her, als sich 2017 dem Ende zuneigte und wir Sie über die Änderungen und Neuerungen zum Jahreswechsel informierten. Doch nun neigt sich auch 2018 dem Ende zu und die Änderungen sowie Neuerungen für das Jahr 2019 stehen zum Großteil fest.
Wie auch in den letzten Jahren, werden wir Sie auch in diesem Jahr wieder über die wichtigsten Änderungen im SAP® HCM informieren.
Im zweiten der diesmal vierteiligen Blogartikel-Reihe gehen wir auf die Änderungen und Neuerungen in der Sozialversicherung ein.
Elektronisches Antrags- & Bescheinigungsverfahren A1
Wer ist vom A1-Verfahren (gem. § 106 SGB IV) betroffen?
Betroffen sind deutsche Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer zum Arbeiten in einen anderen EU-Mitgliedsstaat entsandten. Die Bescheinigung dient bei Kontrollen im Ausland als eine Art Nachweis, dass der Mitarbeiter in Deutschland versichert ist, also dem deutschen Rechtsvorschriften weiterhin unterliegt und keine sog. „Schwarzarbeit“ vorliegt. Liegt keine A1-Bescheinigung vor und der entsandte Mitarbeiter wird kontrolliert, drohen Strafen.
Änderungen für 2019
Seit Januar 2018 ist es möglich, diese Bescheinigungen im A1-Meldeverfahren elektronisch zu erstellen und anzunehmen. Nach einer zweijährigen Übergangszeit wird das elektronische Verfahren nun aber verpflichtend. Nur in begründeten Ausnahmefällen soll es bis zum 30.06.2019 weiterhin papiergebunden möglich sein.
Auswirkungen auf das SAP
Die SAP plant, das elektronische A1-Meldeverfahren für Entsendungen und Ausnahmevereinbarungen zum Jahreswechsel freizugeben.
Dabei wird es einige Neuerungen geben:
Sicht „Daten zum Personalbereich Berichtswesen“ (V_T596M)
In der Sicht „Daten zum Personalbereich Berichtswesen“ (V_T596M) wird es eine neue Teilapplikation „A1UD“ (A1 – Daten zum Unternehmen) geben, um Informationen zur Rechtsform und Geschäftstätigkeit des Unternehmens in Deutschland zu hinterlegen.
Infotyp „Elektronischer Datenaustausch“ (IT 0700)
Im Infotyp 0700 wird es zwei neue Subtypen geben.
Zum Einen den Subtypen „DXA1“ (A1: Antrag Entsendebescheinigung) und zum anderen den Subtyp „DXAV“ (A1: Antrag Ausnahmevereinbarung) im Infotyp 0700
Bereits erfasste externe Daten übernehmen
Es besteht die Möglichkeit, bereits erfasste externe Daten über eine Schnittstelle (BAPI_A1EXT) in den Infotyp 0700 zu übernehmen.
Weitere Informationen
Weitere Informationen finden Sie im SAP-Hinweis 2682093 – Informationen zur Umsetzung des A1-Meldeverfahrens im SAP-System
Aufteilung des Zusatzbeitrags in der KV
Ab 2019 werden die gesamten Beiträge zur gesetzlichen KV (also der allgemeine Beitragssatz zzgl. des individuellen Zusatzbeitrags) wieder zur Hälfte vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen.
Auswirkungen auf SAP HCM
Da der Zusatzbeitrag nun zur Hälfte vom Arbeitgeber zu tragen ist, werden folgende neuen Lohnarten ausgeliefert:
Lohnarten | Lohnartentext |
/3MS | Zusatzbeitrag AG-Zuschuss |
/3E4 | ZusBei AG Störfall West |
/3E5 | ZusBei AG Störfall Ost |
/3E6 | ZusBei AG Störfall ErwMiW |
/3E7 | ZusBei AG Störfall ErwMiO |
Zudem ändert sich die Berechnung der SV-Arbeitgeberanteile innerhalb der Funktion DSV BSV, welche dann entsprechend vom erweiterten Beitragsnahweis-Report (RPCBNVD0_OUT) aufgegriffen wird.
Bezüglich Mitarbeiter in der gesetzlichen Krankenkasse gibt es im Beitragsnachweis keine Änderung. Bei der Darstellung in der Beitragsabrechnung – also der Beitragsnachweis-Einzelnachweisliste – werden Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile des Zusatzbeitrags zukünftig getrennt aufgelistet (Formulare HR_DE_SV_SVNN_EN (SAPscript), HR_DE_SV_SVNN_KE (SAPscript; Knappschaft) und PDF-Formular HR_DE_SVBN_EN_PFLICHTIG_04).
Für privat krankenversicherte Mitarbeiter ergibt sich hingegen ggf. in den Stdammdaten eine Änderung. Und zwar dann, wenn im Infotyp 0079 der zuschussfähige Betrag hinterlegt wurde, wie es bspw. in Verbindung mit Sonderregel 01 „ungekürzt“ zu finden ist. Wenn Sie also bspw. für privat krankenversicherte Mitarbeiter/innen einen stets ungekürzten Zuschuss bis zum bisher steuerfreien Maximalbetrag zahlen, und diesen auch im Feld „maximal zuschussfähiger Beitrag“ hinterlegt haben, so wird dieser sich ja zum 01.01.2019 durch die hälftige Übernahme des Zusatzbeitrages durch den Arbeitgeber erhöhen. Der maximal zuschussfähige Beitrag im gleichnamigen Feld wäre in diesem Fall entsprechend leicht anzupassen.
Weitere Änderungen in SAP HCM ergeben sich für Lohnkonto und Engeltnachweis. Die oben genannten Lohnarten sind in das von Ihnen verwendete Lohnkontoformular einzubinden (Tabellenformular DK01/DK02; Adobe Druckformular SAP_PAYRACC_DE).
m Entgeltnachweis werden für die Darstellung des Krankenversicherungsprozentsatzes des Arbeitnehnmers nun in bestimmten Fällen 3 Nachkommastellen benötigt. Zudem ist die Lohnart /3MS „Zusatzbeitrag AG-Zuschuss“ für freiwillig gesetzlich versicherte mit auf den Entgeltnachweis aufzunehmen. Betroffen sind die Formulare DF01/DFB1/DFKA (Tabellenformulare) und SAP_PAYSLIP_DE_O (Adobe Druckformular).
Weitere Informationen finden Sie in den folgenden SAP-Hinweisen:
Ausweitung der Gleitzone
Ab Juli 2019 wird der Begriff „Gleitzone“ durch den Begriff „Übergangsbereich“ ersetzt. Rechtsgrundlage ist hierbei das „RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz“, wodurch Geringverdiener bei den Sozialabgaben entlastet werden sollen.
Die bisherige Gleitzone liegt bei einem monatlich erzielten Arbeitsentgelt von 450,01 € – 850,00 € vor. Für Mitarbeiter, die innerhalb dieser Gleitzone liegen, gelten besondere Regelungen bei der Ermittlung der Beitragsbemessungsgrundlage sowie für die Beiträge in den SV-Zweigen. Zum 01.07.2019 soll die Obergrenze dieser Gleitzone auf 1.300,00 € angehoben werden (§ 20 Abs. 2 SGB IV), um somit sicherzustellen, dass die reduzierten RV-Beiträge nun nicht mehr zu geringeren Rentenleistungen führen.
Verzichtserklärungen verlieren Wirkung
Zu derzeitigen Regelungen erlangen die sog. Minijobber geringere Rentenleistungen, da diese aus dem beitragspflichtigen (verminderten) Entgelt berechnet werden. Um diese Nachteile zu vermeiden, konnten betroffene Mitarbeiter für die Berechnung der RV-Beiträge per Verzichtserklärung auswählen, dass das tatsächliche und nicht das beitragspflichtige, also verminderte Entgelt zur Berechnung genutzt werden soll.
Durch die Neuregelung ist eine Wahlmöglichkeit nicht mehr notwendig. Bereits erteilte Verzichtserklärungen verlieren ab Juli 2019 ihre Wirkung.
Vorgehen & Änderung im SAP
Falls Arbeitsentgelte in dem Übergangsbereich gemeldet werden, muss zusätzlich zum beitragspflichtigen (verminderten) Entgelt, das tatsächliche Arbeitsentgelt gemeldet werden (d.h. das Arbeitsentgelt, welches ohne Anwendung der Regeln zum Übergangsbereich zu melden wäre) in der DEÜV gemeldet werden. Nur so kann die RV die erweiterten Rentenansprüche richtig erfassen.
Änderung in den Konstanten
Die Grenzen für die Gleitzone wird in der Tabelle V_T511K („Abrechnungskonstanten“) hinterlegt:
To-Do: Gleichen Sie die Tabelle mit dem Mandanten 000 ab.
Änderung im Infotyp 0013 „Sozialversicherung“
Eine Personalnummer, die in die Gleitzone fällt, wird wie folgt im SAP geschlüsselt:
Verlangt diese Person nun, dass das tatsächliche und nicht verminderte Arbeitsentgelt zur Berechnung der RV-Beiträge herangezogen wird, wird im IT0013 unter „Weitere Daten“ die Sonderregel-RV 02 (keine Gleitzone) hinterlegt. Die Sonderregel stellt hierbei die sog. „Verzichtserklärung“ dar.
To-Do: Keins, da die Sonderregel 02 ab 07.2019 vermutlich ihre Wirkung verliert.
Empfehlung: Für einen konsistenten Datenbestand empfehlen wir die Infotyp-Sätze der Personen, die die Sonderregel 02 hinterlegt haben, abzugrenzen und diese Sonderregel 02 ab dem 01.07.2019 zu entfernen.
Kurzfristige Beschäftigungen
Die Zeitgrenzen für kurzfristige Beschäftigungen betrug bis 2014 zwei Monate oder insgesamt 50 Arbeitstage. Zum 01.01.2015 (mit Einführung des Mindestlohns) wurden diese Grenzen zeitlich befristet bis zum 31.12.2018 auf drei Monate oder insgesamt 70 Arbeitstage angehoben. Für das neue Jahr 2019 wurden diese Zeitgrenzen nun verlängert (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV).
Für das SAP-System ergibt sich somit keine direkte Änderung.
Variable Entgeltbestandteile & JAE
Vorabinformationen
Überschreitet das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt (JAE) eines Arbeitnehmers die JAE-Grenze, so tritt Versicherungsfreiheit ein. Die Versicherungsfreiheit endet entsprechend bei einer Unterschreitung der JAE-Grenze.
Zum regelmäßigen JAE gehören alle Einnahmen, die
- nach § 14 Abs. 1 SGB IV Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung darstellen und
- „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ mindestens einmal jährlich gezahlt werden.
Dahingegen nicht zuzurechnen sind Arbeitsentgelte bzw. -bestandteile, bei denen nicht gewiss ist, ob und in welcher Höhe diese gewährt werden.
Bei variablen Entgeltbestandteilen, war es in der Vergangenheit immer umstritten, ob, unter welchen Umständen und in welcher Höhe diese zum regelmäßigen Entgelt zuzuzählen sind. Gerade auch wegen der Vielzahl an Formen: Sonderzahlungen, Provisionen, Boni, jährliche Zahlungen, monatliche Zahlungen, verknüpft an den Unternehmenserfolg, usw. Aus diesem Grund hat der GKV-Spitzenverband die bisherigen Grundsätze zu den variablen Entgeltbestandteilen am 21.03.2018 konkretisiert.
Gesetzliche Änderung
Variable Arbeitsentgeltbestandteile, die nicht zum regelmäßigen Arbeitsentgelt zählen:
- Einmalzahlungen, die individuell-leistungsbezogen sind
- Einmalzahlungen, die unternehmenserfolgsbezogen sind
Grund: Diese variablen Arbeitsentgeltbestandteile zählen deshalb zum unregelmäßigen Arbeitsentgeltbestandteile, da keine Schätzung durch Durchnittsbetrachtung möglich ist.
Variable Arbeitsentgeltbestandteile, die zum regelmäßigen Arbeitsentgelt zählen:
- wenn individuell-leistungsbezogen gewährt und zum monatlich, laufenden Arbeitsentgelt gezahlt
- wenn monatliches Arbeitsentgelt sich aus fest vereinbarten Fixum plus erfolgsabhängigen/variablen Anteil zusammensetzt
Bei schwankenden Höhen des variablen Bestandteils ist für die Ermittlung des regelmäßigen JAE der Betrag mithilfe einer vorausschauenden Schätzung zu ermitteln.
Für weitere Infos zur Prüfung der Jahresarbeitsentgeltgrenze im SAP HCM möchten wir Sie auf unsere zwei Blog-Artikel zum Thema „GKV-Schreiben zur JAE-Grenze: Auswirkungen auf SAP HCM“ verweisen. Einen direkten Link zum ersten Teil finden Sie hier.
Neue Schlüssellänge & Verschlüsselungsalgorithmen
Innerhalb der einjährigen Übergangsphase von 2019 bis 2020 können nun Zertifikate mit einer größeren Schlüssellänge von 4096 Bit (vorher 2048 Bit) ausgestellt werden. Dabei werden auch kryptographische Prozesse bei der Zertifikatsnutzung an die Anforderungen des BSI (§ 95 SGB IV) angepasst. Beim Signaturverfahren wird daraufhin lediglich der Algorithmus RSASSA-PSS, beim Verschlüsselungsverfahren der Nachrichtenschlüssel EME-OAEP (RSA-ES-OAEP) verwendet.
Bereits vorhandene Zertifikate können bis zum Gültigkeitsende in 2019 noch weiter verwendet werden. Falls neue Zertifikate beantragt werde, kann zwischen der alten und neuen Schlüssellänge und dem damit verbundenem Algorithmus im Report RPUSVKD0 („Verwaltung Verschlüsselung PKCS#7 für Krankenkassen“) gewählt werden. Ab 2020 sind Zertifikate nur noch mit der Schlüssellänge von 4096 Bit und dem zugehörigen Algorithmen erlaubt. Zertifikate mit der alten Schlüssellänge müssen zwingend neu beantragt werden.
To-Do: Falls ein neues Zertifikat beantragt werden soll, sprechen Sie Ihren HCM-Berater und ggf. die Basis, die Zugriff auf den Applikationsserver hat, an. Mithilfe des Reports „RPUSVKD0“ ist es möglich, neue Zertifikate bei der ITSG anzufragen.
Achtung: Überprüfen Sie, ob die Systemvoraussetzungen gegeben sind.
Systemvoraussetzungen
Komponente
|
Release
|
Mindest-
voraussetzung |
Bemerkung
|
---|---|---|---|
CommonCryptoLib
(CCL)/SAPCryptolib |
alle | Version 8.5.23 | Zur Überprüfung der Versionnen können folgende Programme verwendet werden
|
Kernel-Release | 7.21 Patch-Level 1016 7.22 Patch-Level 610 7.45 und nachfolgende Releases: Patch-Level 0 |
|
|
SAP_BASIS | 700-731 | 700 SP 36 701 SP 21 702 SP 21 710 SP 24 711 SP 18 730 SP 19 731 SP 23 |
|
SAP_BASIS | 740 | 740 SP 20 |
Weitere Informationen
Weitere Informationen entnehmen Sie dem SAP-Hinweis 2706566 – SV: Schlüssellänge 4096 und geänderte Algorithmen.
Abschaltung der Protokolle TLS 1.0 und TLS 1.1
Die Verschlüsselungsprotokolle TLSv 1.0 und 1.1 werden an der Arbeitgeberschnittstelle des GKV-Kommunikationsservers zum Ende des Jahres 2018 abgeschaltet. Ab 2019 ist die Übertragung und Abholung der Daten zu SV über HTTPS nur noch mit TLS 1.2 möglich.
To-Do: Stellen Sie sicher, dass TLSv 1.2 für die Kommunikation mit den Krankenkassen verfügbar ist. Empfohlen wird hierfür mindestens die Version 8.4.49 der CommonCryptoLib (CCL). Darüber hinaus sollte geprüft werden, dass über die im Profilparameter ssl/client_ciphersuites gepflegten Werte TLSv 1.2 enthalten ist. Ihre genutzte CCL-Version sowie die technischen Einstellungen des Profilparameters können Sie mithilfe des Reports „RPUSVHD0“ aufrufen. Anderenfalls kann die CCL-Version auch mithilfe des Reports „SSF02“ und der Option „Version ermitteln“ eingesehen werden.
Weitere Informationen
Weitere Informationen entnehmen Sie dem SAP-Hinweis 2688393 – SV: Abschaltung der Protokolle TLS 1.0 und TLS 1.1 zum 31.12.2018.
Aktualisierung der Tätigkeitsschlüssel und Berufsbezeichnungen Das Schlüsselverzeichnis für die Angaben zur Tätigkeit wurde von der Bundesagentur für Arbeit aktualisiert. Dadurch ergeben sich im SAP folgende Änderungen
Noch Fragen?
Haben Sie noch Fragen zu einzelnen Themen des Jahreswechsels?
Dann sprechen Sie uns gerne an! Einen direkten Link zum Kontaktformular finden Sie hier.
Oder möchten Sie sich noch tiefgründiger informieren?
Dann empfehlen wir Ihnen unser Jahreswechselseminar „Entgeltabrechnung Fachteil und SAP“! Einen direkten Link zum Seminar finden Sie hier.
Gibt es evtl. ein Thema, was Sie „brennend“ interessiert und worüber wir unbedingt schreiben sollten?
Dann schicken Sie uns Ihre Idee gerne per Mail über das folgende Kontaktformular! Vielen Dank im Voraus!
Stand: 19.12.2019