Familienstartzeit-Gesetz (im SAP HCM) – Teil 1/2
Zum 01.01.2024 sollte zur Unterstützung von Eltern nach der Geburt neben dem Mutterschutz eine „Familienstartzeit“ durch eine zusätzliche Partnerfreistellung ermöglicht werden. In diesem ersten Teil der zweiteiligen Blog-Reihe wollen wir über die geplanten Neuerungen und die Abbildung der aktuellen Familienleistungen im SAP HCM informieren.
**Achtung: Das Familienstartzeitgesetz ist bisher nur angekündigt – Der Gesetzentwurf ist noch in der Ressortabstimmung! (Stand 08.03.2024)**
Motivation zur Familienstartzeit durch Partnerfreistellung
Aktuelle familienbezogene Leistungen
Zur besseren Einordnung und Abgrenzung sollen die bisherigen familienbezogenen Leistungen rund um die Geburt eines Kindes skizziert werden, welche sich zudem stark auf die (werdende) Mutter konzentrieren. Für detailliertere Informationen – sowohl für Payroll als auch Mitarbeiter bzw. Partner – empfiehlt sich das Familienportal des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJ), auf welches wir im Folgenden auch zum jeweiligen Stichwort verweisen.
Mutterschutz
Der Mutterschutz bezeichnet die für alle werdenden Mütter geltende mehrwöchige Mutterschutzfrist vor und nach der Geburt, in welchem sie nicht arbeiten dürfen. Die Mutterschutzfrist beginnt 6 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin und endet im Normalfall 8 Wochen nach der Geburt. Aus Abrechnungssicht ist der Mutterschutz eine zunächst unbezahlte Abwesenheit, für welche die (werdende) Mutter jedoch Mutterschaftsgeld von der Krankenkasse und einen verpflichtenden Zuschuss zum Mutterschaftsgeld vom Arbeitgeber bis zur Höhe des bisherigen bzw. sogenannten Vergleichsnettos erhält. Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ist steuer- und beitragsfrei, insoweit keine beitragspflichtige Einnahme nach § 23c SGB IV vorliegt.
Die Höhe des Mutterschaftsgeldes – i.d.R. 13 Euro pro Kalendertag – ergibt sich aus einer Entgeltbescheinigung des Arbeitgebers an die Krankenkasse im Meldeverfahren Entgeltersatzleistungen (EEL). Den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld kann sich der Arbeitgeber wiederum gemäß Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG-Verfahren) von der Krankenkasse erstatten lassen. Finanziert wird der Ausgleich über die U2-Umlage, in welche jeder Arbeitgeber unabhängig seiner Größe Beiträge für seine (nicht nur weiblichen) Beschäftigten entrichtet.
Beschäftigungsverbot
Außerhalb und zeitlich vor der Mutterschutzfrist können für die werdende Mutter zudem (teilweise) Beschäftigungsverbote zum Schutz von Mutter und Kind ausgesprochen werden. Unterschieden wird hier – Details z.B. im TK-Beratungsblatt „Mutterschutz und Beschäftigungsverbot“ – zwischen
- generellen Beschäftigungsverboten: die unabhängig vom persönlichen Gesundheitszustand zum Schutz vor gesundheitsschädlichen Wirkungen ihres Arbeitsplatzes sofort wirksam sind sowie
- individuellen Beschäftigungsverboten: die aufgrund des individuellen Gesundheitszustands der Schwangeren ärztlich attestiert werden, sobald die Gesundheit von Mutter und/oder Kind gefährdet sind.
Aus Abrechnungssicht ist das Beschäftigungsverbot zunächst eine unbezahlte Abwesenheit, für welche der Arbeitgeber jedoch einen Ausgleich zu vergüten hat, den sogenannten Mutterschutzlohn (§ 18 MuschG).
Als Mutterschutzlohn wird das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft gezahlt, er ist steuer- und sozialversicherungspflichtig. Der Arbeitgeber kann sich im Rahmen des AAG-Verfahrens den gezahlten Mutterschutzlohn und darauf anfallende SV-Arbeitgeberanteile erstatten lassen. Die Finanzierung des Ausgleichs erfolgt ebenfalls über die U2-Umlage (s.o.).
Elternzeit
Die Elternzeit bezeichnet eine unbezahlte Auszeit vom Berufsleben von bis zu 3 Jahren pro Kind, welche Mütter und Partner (auch in sogenannten Regenbogenfamilien) von ihrem Arbeitgeber verlangen können, um ihr Kind selbst betreuen und erziehen zu können. Für die Zeit der Elternzeit erhalten Beschäftigte vom Arbeitgeber kein Entgelt, sie können jedoch Elterngeld beantragen, welches vom Staat gezahlt wird.
Zusammenfassung
Familien- bezogene leistung | für | Anspruch ist / wird | für zeitraum | Entgelt- ersatz- leistung | Vergütung Arbeitgeber | erstattung für arbeitgeber |
---|---|---|---|---|---|---|
(teilweises) Beschäftigungsverbot | Mutter | zu verordnen bzw. feststellbar | Anzeige Schwangerschaft bis Beginn Mutterschutz | — | Mutterschutzlohn Entgelt, wenn Teilzeit während des Beschäftigungsverbots gearbeitet werden darf | via AAG-Verfahren (U2-Umlage) |
Mutterschutz | Mutter | obligatorisch „verordnet“ | im Normalfall ab 6 Wochen vor errechnetem Geburtstermin bis 8 Wochen nach Geburt | Mutterschaftsgeld | Zuschuss zum Mutterschaftsgeld | via AAG-Verfahren (U2-Umlage) |
Elternzeit | Mutter & Partner/in | beantragbar | frühestens ab Geburt des Kindes bzw. Ende Mutterschutz bis zu 3 Jahren | Elterngeld | Entgelt, wenn Teilzeit während Elternzeit gearbeitet wird | — |
Im Hinblick auf den „Familienstart“ können Partner für die Zeit rund um die Geburt des Kindes bisher also Elternzeit beantragen oder bezahlten bzw. unbezahlten Urlaub beim Arbeitgeber einreichen.
Zukünftige Partnerfreistellung
Mit dem Ende März 2023 vorgelegten Entwurf für ein Gesetz zur Einführung eines Freistellungsanspruchs für den Partner oder die Partnerin nach der Entbindung und zur Änderung anderer Gesetze im Bereich der familienbezogenen Leistungen – oder kurz Familienstartzeit-Gesetz – soll nun eine neue Möglichkeit hinzukommen.
Und zwar sollen abhängig beschäftigte Partnerinnen und Partner einen Anspruch auf bezahlte Freistellung für die Dauer von 10 Arbeitstagen nach der Entbindung der Frau erhalten, genannt Partnerfreistellung. Eltern sollen damit so in der frühen Familienphase noch zielgenauer unterstützt werden.
Es soll ermöglicht werden, dass sich Frauen nach der Geburt im familiär vertrauten Umfeld regenerieren können und die Eltern Zeit füreinander und das neugeborene Kind haben. Der Anspruch auf Partnerfreistellung besteht dabei auch im Fall einer Totgeburt, denn auch in einem solch schlimmen Fall haben Mütter einen hohen Bedarf an Regeneration und Unterstützung durch Partnerin oder Partner.
Die bezahlte Freistellung soll einen unmittelbaren Anreiz setzen, dass sich mehr Partnerinnen und Partner in der frühsten Betreuungsphase beruflich freistellen lassen, um von Beginn an den Grundstein für eine partnerschaftliche Aufteilung der Familienaufgaben legen zu können und eine gegenseitigen Fürsorge zu erleichtern, was auch dem familiären Zusammenhalt einer möglicherweise schon bestehenden Familie zugute kommen sollte.
Die Möglichkeit der Partnerfreistellung soll auch für Alleinerziehende gelten: auch sie erhalten die Möglichkeit, eine Person zu benennen, die sie als Partnerin oder Partner anstelle des anderen Elternteils nach der Entbindung unterstützen kann, sich in einem familiär-vertrauten Umfeld von den Anstrengungen der Geburt zu regenerieren.
Die konkreten Inhalte des Familienstartzeit-Gesetzes im Hinblick auf die Partnerfreistellung sollen im folgenden Abschnitt erläutert werden.
Inhalte des Familienstartzeit-Gesetzes
Definition der Partner
Partner im Sinne des Familienstartzeit-Gesetzes werden im neuen Absatz 6 des § 2 Mutterschutzgesetz wie folgt definiert:
„(6) ¹Partner oder Partnerin im Sinne dieses Gesetzes ist:
- der andere Elternteil, der mit der Frau, die entbunden hat, in einem Haushalt lebt, oder
- eine andere Person, die mit der Frau, die entbunden hat, eine Lebenspartnerschaft geschlossen hat und mit ihr in einem Haushalt lebt, oder
- eine von der Frau während der Schwangerschaft oder nach ihrer Entbindung benannte Person, wenn der andere Elternteil nicht mit der Frau in einem Haushalt lebt.
²Es darf nur eine Person Partner oder Partnerin im Sinne des Satzes 1 sein.“
(Neuer) Absatz 6 des §2 Mutterschutzgesetzes
Die drei Alternativen der Definition schließen sich gegenseitig aus, maßgeblich für die Unterscheidung ist die Frage, ob
das andere Elternteil (1) bzw. die Lebenspartnerin oder Lebenspartner mit der Mutter (2) in einem Haushalt lebt.
Die Regelung gemäß Nummer 1 erfasst den nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs feststehenden (rechtlichen) Elternteil. Die Bestimmung des Partners erfolgt nicht durch Willenserklärung der Mutter, sondern durch gesetzliche Festlegung. Liegen die Voraussetzungen der Nummer 1 vor, so ist Nummer 3 nicht anwendbar. Eine ersatzweise Benennung einer dritten Person ist nicht möglich, selbst wenn der andere Elternteil verhindert sein sollte und den Anspruch auf Partnerfreistellung nicht wahrnehmen kann.
Nach Nummer 2 ist auch eine andere Person, mit der die Mutter eine Lebenspartnerschaft geschlossen hat und mit ihr in einem Haushalt lebt, ein Partner oder eine Partnerin. Diese Regelung soll insbesondere diejenigen Fälle erfassen, in denen bspw. in einer Lebenspartnerschaft der eine Lebenspartner aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Adoptionsverfahrens noch nicht rechtlicher Elternteil ist. Die Bestimmung erfolgt ebenfalls nicht durch Willenserklärung der Mutter, sondern durch gesetzliche Festlegung. Liegen die Voraussetzungen der Nummer 2 vor, so ist Nummer 3 nicht anwendbar. Eine ersatzweise Benennung einer dritten Person ist auch hier nicht möglich.
Liegen die Fälle nach Nummer 1 und 2 nicht vor, so kann die (werdende) Mutter nach Nummer 3 während der Schwangerschaft oder nach der Entbindung eine Person als Partnerin oder Partner benennen. Die benannte Person kann sowohl der andere, nicht im selben Haushalt lebende Elternteil oder eine andere Person sein. Anders als bei pflegeversicherungsrechtlichen Regelungen erfolgt hier keine Begrenzung des Personenkreises auf nahe Angehörige. So soll der (werdenden) Mutter ermöglicht werden, bspw. auch eine Freundin als Partnerin zu benennen, was insbesondere der besonderen Lebenssituation von Alleinerziehenden Rechnung tragen soll. Sie soll auch allein erziehenden Frauen die wichtige Regeneration nach der Geburt durch die Unterstützung einer ihr vertrauten Person erleichtern, insbesondere dann, wenn sie mit anderen minderjährigen Kindern zusammenlebt und allein für deren Pflege und Erziehung sorgt. Da sich der Entbindungstag nicht genau errechnen lässt, ist die Benennung des Partners auch nach der Entbindung möglich. So soll insbesondere vermieden werden, dass die Alleinerziehende bei einer Frühgeburt benachteiligt wird, wenn sie noch keinen Partner benannt hat. Es ist nochmals darauf hinzuweisen, dass Nummer 3 nur in den Fällen greift, in denen der andere (rechtliche) Elternteil oder der Lebenspartner nicht im Haushalt der Muter lebt. Für den Fall, dass der andere Elternteil oder
der Lebenspartner im Haushalt der Frau lebt, wird nach Nummer 1 bzw. 2 im Ergebnis (unwiderleglich) vermutet, dass sie nicht alleinerziehend ist.
Letztlich darf immer nur eine Person Partnerin oder Partner im Sinne des Satzes 1 sein, was Mehrfachbezügen der Partnerschaftsleistungen entgegenwirken soll.
Partnerfreistellung und Partnerschaftslohn
Freistellung und Vergütungsanspruch regelt der neue §25a des Mutterschutzgesetzes:
„(1) Der Partner oder die Partnerin kann von seinem oder ihrem Arbeitgeber tageweise in den ersten zehn Arbeitstagen ab dem Entbindungstag oder ab dem darauffolgenden Arbeitstag eine Freistellung von der Arbeitsleistung verlangen.
Neuer §25a MuschG „Partnerfreistellung nach der Entbindung, Partnerschaftslohn“
(2) Für die Dauer der Freistellung erhält der Partner oder die Partnerin von seinem oder ihrem Arbeitgeber Partnerschaftslohn. Als Partnerschaftslohn wird das durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor der Entbindung gezahlt. […]“
Die Partnerfreistellung können die Partner ohne großen bürokratischen Aufwand bei ihrem Arbeitgeber beanspruchen. Eine Anmeldefrist ist aufgrund der Kürze der Freistellung nicht vorgesehen, es wird verfahren wie mit anderen vorübergehenden Verhinderungen wie bspw. im Falle der Krankheit des Kindes. Ziel ist es, den Partnern die Möglichkeit zu geben, ihre Erwerbstätigkeit zu unterbrechen und sich in den ersten Tagen nach der Geburt voll und ganz der Betreuung von Frau und Familie widmen zu können. Dadurch soll Müttern nach der Entbindung eine bessere Regeneration im familiär vertrauten Umfeld – als etwaige Alternative für einen Krankenhausaufenthalt – ermöglicht werden.
Die Freistellung kann tageweise innerhalb der ersten zehn Arbeitstage ab Entbindung in Anspruch genommen werden, wobei der erste Tag der Freistellung nicht zwingend der Entbindungstag selbst sein muss, sondern auch der erste darauffolgende Arbeitstag sein kann. Dies trägt insbesondere denjenigen Fällen Rechnung, in denen am Entbindungstag keine Freistellung erforderlich ist, so dass der Anspruch dann nicht um einen Tag gekürzt wird. Sie kann auch weniger als zehn Arbeitstage umfassen, sofern von den Partnern so beabsichtigt. Eine Mindestbeschäftigungsdauer für die Inanspruchnahme des Freistellungsanspruchs ist nicht vorgesehen.
Der Partnerschaftslohn soll die Partner für die Zeit der Freistellung voll absichern, die Berechnung und Gewährung orientiert sich stark am Mutterschutzlohn während eines Beschäftigungsverbots. Denn er entspricht ebenso dem Durchschnittsarbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate, allerdings vor der Entbindung und nicht wie beim Beschäftigungsverbot vor Beginn der Schwangerschaft, da diese ja für die Partner nicht vorliegt. Er wird vom Arbeitgeber gezahlt und ist steuer- und beitragspflichtig, so dass der Sozialversicherungsschutz vollständig sichergestellt bleibt.
Nachweis über Entbindung und Partnerschaft
Bzgl. des Nachweises wird im neuen §25a Mutterschutzgesetz festgelegt:
„(4) Der Partner oder die Partnerin hat auf Verlangen seines oder ihres Arbeitgebers das Zeugnis nach § 15 Absatz 3 vorzulegen.
Absätze 4 und 5 des neuen §25a Mutterschutzgesetz
(5) Der Partner oder die Partnerin soll seinem oder ihrem Arbeitgeber die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen.“
Bereits vor Inanspruchnahme der Freistellung sollen Partner ihrem Arbeitgeber Schwangerschaft und voraussichtlichen Entbindungstermin mitteilen. Es handelt sich hierbei nicht um eine Obliegenheit, da mit der Mitteilung keine Rechtswirkungen ausgelöst werden. Ebenfalls bleibt der Zeitpunkt der Mitteilung an den Arbeitgeber allein den Partnern überlassen, eine Rechtspflicht zur Mitteilung besteht nicht. Eine Mitteilung sollte jedoch erfolgen, damit sich Arbeitgeber auf die anstehende familienbedingte Fehlzeit des Partners einstellen kann. Mit dem oben genannten Absatz 5 will der Gesetzgeber darüber hinaus zum Ausdruck bringen, dass eine Schwangerschaft nicht nur als Angelegenheit der werdenden Mutter zu verstehen ist, sondern als Angelegenheit beider Elternteile.
Wird ein Nachweis verlangt, so regelt der neue Absatz 3 des §15 Mutterschutzgesetz dessen Form und Inhalt:
„(3) Verlangt der Arbeitgeber vom Partner oder von der Partnerin der Frau einen Nachweis über die Entbindung, hat die Frau dem Partner oder der Partnerin zum Nachweis gegenüber seinem oder ihrem Arbeitgeber ein ärztliches Zeugnis oder das Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers auszuhändigen. Das Zeugnis hat den Namen der Frau, den Namen des Partners oder der Partnerin sowie den Tag der Entbindung zu enthalten. Die Frau darf das Zeugnis nur für eine Person ausstellen lassen.“
Neuer Absatz 3 §15 Mutterschutzgesetz
Legt die Partnerin bzw. der Partner keinen entsprechenden Nachweis vor, so können Partnerfreistellung und Auszahlung des Partnerschaftslohns unter bestimmten Umständen vom Arbeitgeber verweigert werden.
Finanzierung / Erstattung via U2-Umlage
Da sich das U2-Umlageverfahren seit langem bewährt habe und gut auf die Erstattung von Partnerschaftsleistungen übertragbar sei, erfolgt die Finanzierung entsprechend hierüber. So soll der einzelne Arbeitgeber von den Kosten der bezahlten Freistellung „freigehalten“ werden, da diese stattdessen wie bei den Mutterschaftsleistungen über die U2-Umlage solidarisch über die Gesamtheit der Arbeitgebenden getragen wird. Dies soll insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen zugute kommen, für welche derartige Freistellungskosten – im Verhältnis zum Gesamtunternehmensumsatz – einen größeren Kostenanteil ausmachen würden als für größere Unternehmen. Indirekt bezahlt der Arbeitgeber die Freistellung natürlich durch seinen Beitrag zur U2-Umlage mit, eine entsprechende Erhöhung der U2-Umlage seitens der Krankenkassen für die neue Freistellung erscheint ebenfalls nicht unwahrscheinlich.
Das vom Arbeitgeber ausgezahlte Partnerschaftslohn kann sich dieser via AAG-Verfahren analog des Mutterschutzlohns bei Beschäftigungsverboten im Rahmen der U2-Umlage erstatten lassen:
(2) Die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkasse erstatten den Arbeitgebern in vollem Umfang
Erweiterter §1 Absatz 2 Nummer 2 des Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG); Erweiterung fett markiert
- den vom Arbeitgeber nach § 20 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld,
- das vom Arbeitgeber nach § 18 des Mutterschutzgesetzes bei Beschäftigungsverboten sowie nach § 25a des Mutterschutzgesetzes bei Partnerfreistellung gezahlte Arbeitsentgelt,
[…]
Durch den Partnerschaftslohn verlieren die vom Arbeitgeber im U2-Umlageverfahren zu entrichtenden Beiträge ihren Charakter als rein „frauenbezogene Lohnnebenkosten“. Wurden bisher allein Mutterschaftsleistungen aus dem U2-Umlageverfahren erstattet, werden zukünftig auch Partnerschaftsleistungen aus der Umlage erstatt, die vor allem auch Männern zugute kommen.
Keine Anwendung für Sonderstatusgruppen
Vom Anspruch auf die Partnerfreistellung und -leistungen nicht erfasst werden die sogenannten Sonderstatusgruppen der Beamten, Richter und Soldaten. Hintergrund ist, dass für sie in den bereichsspezifischen Regelwerken entsprechende Ansprüche auf Partnerfreistellung und den mit ihnen verbundenen Entgelt- bzw. Leistungsansprüchen geregelt sind (§79 des Bundesbeamtengesetzes (BBG), §46 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) und §30 des Soldatengesetzes (SG)).
Fachliche Zusammenfassung und Einordnung
Aufgrund der Länge des Artikels hier nochmal eine Übersicht zur Partnerfreistellung im Kontext der familienbezogenen Leistungen als schematische Darstellung:
Abbildung im SAP HCM
Aktuelle familienbezogene Leistungen
Im Rahmen der familienbezogenen Leistungen kommen viele Elemente der SAP HCM Entgeltabrechnung zusammen.
Abwesenheiten
Abgebildet werden die jeweiligen (Fehl-)Zeiten durch Abwesenheiten im gleichnamigen Infotyp 2001. Erfasst werden die familienbezogenen Abwesenheiten jedoch über den Infotyp 0080 „Mutterschutz/Elternzeit“. Je nachdem, ob während der jeweiligen Abwesenheit weiter in Teilzeit gearbeitet wird, wird dann die Abwesenheit im Infotyp 2001 „Abwesenheit“ oder (bei Teilzeitarbeit) im Infotyp 0597 „Teilzeitarbeit/abweich Tätigkeit“ generiert.
familien- bezogene leistung | Abwesenheit (IT2001) | bezeichnung | zu verwenden… | Relevanz in melde-verfahren |
---|---|---|---|---|
Beschäftigungsverbot | 0511 | Beschäftigungsverbot ind. | für individuell festgestellte Beschäftigungsverbote | AAG |
Beschäftigungsverbot | 0512 | Beschäftigungsverbot gen. | für generell zu verordnende festgestellte Beschäftigungsverbote | AAG |
Mutterschutz | 0500 | Mutterschutz | für die obligatorische Freistellung während der Mutterschutzfrist | DEÜV EEL AAG |
Elternzeit | 0601 | Elternzeit | sofern der Arbeitgeber keine weitergezahlten sv-pflichtigen Arbeitgeberleistungen gewährt. Wird Elterngeld bezogen, so ist die Prüfung auf beitragspflichtige Einnahme nach § 23c SGB IV seit 2008 anzuwenden und die Höhe des Elterngeldes im SV-Freibetrag zu berücksichtigen, welche mit einer Kundenkopie der Musterlohnart M472 „Erziehungsgeld täglich“ erfasst werden kann. | rvBEA |
Elternzeit | 0602 | Elternzeit für Großeltern | sofern die Elternzeit durch die Großeltern für ihre Enkel in Anspruch genommen wird, weil ein Elternteil noch minderjährig ist oder eine Ausbildung absolviert, die vor dem 18. Geburtstag genommen wurde oder ein besonderer Härtefall vorliegt, wie bspw. eine schwere Erkrankung der Eltern. Weitere Details können der Seite des Famlienportals entnommen werden. | rvBEA |
Elternzeit | 0603 | Elternzeit sv-pflichtig | sofern der Arbeitgeber weitergezahlte sv-pflichtige Arbeitgeberleistungen gewährt. Dadurch besteht das sv-pflichtige Beschäftigungsverhältnis weiter und es wird keine Unterbrechungsmeldung erzeugt. | rvBEA |
Zur Veranschaulichung ein Beispiel des Infotypen 0080 „Mutterschutz/Elternzeit“ mit allen drei familienbezogenen Abwesenheiten:
Fiktivläufe und Lohnarten
Innerhalb der Abrechnung werden bei erfasster Abwesenheit für Beschäftigungsverbot oder Mutterschutz zugehörige Fiktivläufe ausgelöst, welche die für Auszahlung und Meldeverfahren notwendigen Lohnarten (auf Grundlage des jeweiligen Customizings) generieren. Die wesentlichen Lohnarten sollen in der folgenden Tabelle skizziert werden.
Familien- bezogene leistung | lohnarten | verwendung |
---|---|---|
Beschäftigungsverbot | MBV0 – Ausgleichsbetrag Grundvergütung BV MBV1 – Ausgleichsbetrag variable Bezüge BV | Auszahlung Mutterschutzlohn |
Beschäftigungsverbot | /3OB – BV fortgezahltes Brutto /3OC – BV fortgezahlt. AG-Anteil /3OD – BV Erstattungsbetrag /3OK – BV AG-Aufwendungen BAV /3OM – BV SV-pflichtiges Entgelt | Erstattungsantrag für Mutterschutzlohn im AAG-Verfahren |
Mutterschutz | /5ZM – masch. Zusch.Muschgeld | Auszahlung Zuschuss Mutterschafgttsgeld |
Mutterschutz | /3OE – ZU Monatl. Buttoentgelt /3OF – ZU Kal.tägl. Nettoentgelt /3OG – ZU Monatl. Nettoentgelt /3OH – ZU Erstattungsbetrag /3OI – ZU Nettoentgelt andererAG | Erstattungsantrag für Zuschuss Mutterschaftsgeld im AAG-Verfahren |
Zur Veranschaulichung jeweils ein Beispiel für Beschäftigungsverbot und Mutterschutz im Entgeltnachweis und Ergebnistabelle RT des Abrechnungsergebnisses:
SV-Meldeverfahren
Wie in der Tabelle der Abwesenheiten oben bereits aufgeführt, berühren die familienbezogenen Leistungen mehrere Meldeverfahren. Da der Partnerschaftslohn analog des Beschäftigungsverbots lediglich im AAG-Verfahren relevant sein wird, beschränken wir uns auf dieses. Veranschaulicht werden sollen daher die Erstattungsanträge für den Mutterschutzlohn im Rahmen des Beschäftigungsverbot und den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld im Rahmen des Mutterschutzes aus den vorangegangenen Beispielen:
Familienstartzeit-Gesetz
Das Familienstartzeitgesetz ist bisher nur angekündigt – Der Gesetzentwurf ist noch in der Ressortabstimmung! (Stand 08.03.2024). Nach der Auslieferung des Beschlusses und Verkündung des Gesetzes, informieren wir in diesem Artikel über die fachlichen Änderungen.
Folgende Änderungen sind u.a. zu erwarten:
- eine neue Abwesenheit „Partnerfreistellung“ im Abwesenheits-Namensraum 05**
- eine Erweiterung der Berechnungs-Funktionalität des Beschäftigungsverbots inkl. neuer Lohnarten für den Partnerschaftslohn
- eine Erweiterung der AAG-Funktionalität gemäß einer zu erwartenden neuen Datensatzversion durch Partnerfreistellung und Partnerschaftslohn
Sobald die Auslieferung durch SAP erfolgt ist, werden wir diese im zweiten Teil dieser zweiteiligen Blog-Reihe erläutern.
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