Elektronische AU-Bescheinigung (eAU) im SAP HCM – Teil 1
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) wird digital, auch in SAP HCM: in diesem ersten Teil der mehrteiligen Blog-Reihe informieren wir über Grundlagen und zeitliche Planung der Umstellung auf die sogenannte „eAU“.
Grundlegendes zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist die Bestätigung eines Vertragsarztes bzw. -zahnarztes über eine festgestellte Erkrankung der Patienten, welche diese daran hindert, ihre Arbeitsleistung zu erbringen (Arbeitsunfähigkeit). Jährlich werden ca. 77 Millionen Arbeitsunfähigkeiten festgestellt, die zugehörige Bescheinigung wird dabei in vierfacher Ausführung ausgestellt: eine für die Ärzte selbst, eine für die versicherte Person, eine für die Krankenkasse und eine für den Arbeitgeber. Dem Arbeitgeber muss seine Ausführung von der versicherten Person gewöhnlich spätestens am vierten Tag der Erkrankung vorliegen (§ 5 Entgeltfortzahlungsgesetz), er kann sie bspw. per Arbeitsvertrag aber auch schon früher verlangen. Die Krankenkasse hingegen bekommt ihre Ausführung i.d.R. innerhalb von drei Werktagen von der versicherten Person zugesandt, sie muss ihnen spätestens eine Woche nach Ausstellung vorliegen (um im entsprechenden Fall den Anspruch auf Entgeltersatzleistung zu wahren). Sowohl Arbeitgeber als auch Krankenkasse erhalten ihre Ausführung meist persönlich bzw. per Post. Diese beiden Wege sollen im Rahmen der Digitalisierung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wegfallen, der Prozess der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ändert sich damit sowohl für die versicherte Person als auch Sie als Arbeitgeber.
Vorteile der eAU
Die Digitalisierung des Verfahrens soll folgende Vorteile mit sich bringen:
- Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) kann sicherer und schneller an Arbeitgeber und Krankenkasse übermittelt werden
- Das Verfahren entbindet die Versicherten von der Zustellpflicht an Arbeitgeber und Krankenkasse
- Die eAU beseitigt Medienbrüche und reduziert Erstellungs- und Übermittlungskosten
- Das Verfahren sorgt für eine lückenlose Dokumentation bei den Krankenkassen und sichert damit einen korrekten Ausgleich bei der Zahlung von Entgeltersatzleistungen (EEL) samt vorheriger Rückmeldung von Vorerkrankungszeiten sowie im Umlageverfahren nach dem Aufwandsausgleichsgesetz (AAG)
Das Ziel dabei ist die Entlastung von sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern.
Inwieweit dies gelingt bleibt abzuwarten, denn zu einer vollständigen Elektronifizierung und Automatisierung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird es nicht kommen. So nehmen bspw. AU-Bescheinigungen für privat Krankenversicherte oder für Erkrankung des Kindes nicht am elektronischen Verfahren teil. Ebenso erfolgt keine pauschale Zusendung und auch kein pauschaler Abruf aller für den Arbeitgeber zur Verfügung stehenden eAU. Stattdessen muss der Arbeitgeber je beschäftigter Person aktiv einen Abruf unter Angabe eines Stichtages auslösen. Hier ist zu beachten, dass dieser Abruf nicht erfolgen sollte, bevor bspw. der Vertragsarzt die AU-Bescheinigung digital an die betreffende Krankenkasse übermittelt hat. Auf die angesprochenen Themen „Verfahrensteilnehmer“ und „Prozessablauf“ soll im zweiten Teil dieser Blog-Reihe detaillierter eingegangen werden.
Zeitliche Planung der Einführung der eAU
Die Einführung der eAU erfolgt in zwei Schritten.
Im ersten Schritt wird die Übermittlung der AU-Bescheinigungen von Ärzten zu den Krankenkassen digitalisiert. Ursprünglich geplant war dies bereits zum 01.01.2021. Da die dafür notwendige sogenannte Telematik Infrastruktur (TI) jedoch noch nicht flächendeckend zur Verfügung stand, wurde die Umstellung auf den 01.10.2021 verschoben. Da das Problem der TI noch nicht abschließend gelöst ist, gilt bis zum 31.12.2021 noch eine Übergangsfrist, in der Ärzte noch nach dem „alten“ Verfahren weiterverfahren können. In diesem Zeitraum weiterhin ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen – die sogenannten „gelben Scheine“ – sind dann weiterhin bei der Krankenkasse einzureichen.
Im zweiten Schritt der Umstellung werden dann auch die Arbeitgeber in das elektronische Verfahren einbezogen. Ursprünglich geplant war hier der 01.01.2022 und anschließend der 01.07.2022. Letztlich lautet der neue Termin der 01.01.2023. Zum bisher geplanten 01.01.2022 startete hingegen eine Pilotphase. Für Vertragsärzte bedeutet dies demnach, dass sie bis zum 31.12.2022 neben der Übermittlung eAU an die Krankenkassen weiterhin eine Papierbescheinigung für die Versicherten ausstellen, welche diese weiterhin an ihren Arbeitgeber weiterleiten.
Die zeitliche Planung – Stand 25.02.2022 – hier nochmal tabellarisch:
datum / Zeitraum | geplant |
---|---|
01.10.2021 | Start der digitalen Übermittlung der AU-Bescheinigungen an die Krankenkassen |
01.10.2021 – 31.12.2021 | Übergangszeitraum für Ärzte, in der das bisherige Verfahren noch angewandt werden kann |
01.01.2022 | Verpflichtende digitale Übermittlung der AU-Bescheinigungen an die Krankenkassen |
01.01.2022 | Pilotphase des Abrufs der eAU durch teilnehmende Arbeitgeber (auch SAP HCM-Pilotphase) |
Offizieller Start des Verfahrens der eAU |
Vorerkrankungsverfahren
Zum 01.07.2022 ebenfalls grundsätzlich vorgesehen ist der Start eines Vorerkrankungsverfahrens nach § 109 Abs. 2 SGB IV. Dieser besagt, dass die Krankenkasse (von sich aus) zu prüfen und dem Arbeitgeber mitzuteilen hat, ob auf Grundlage der Diagnosen in den Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Abs. 1 Satz 1. Nr. 1 SGB V und auf Grundlage weiterer ihr vorliegender Daten die Entgeltfortzahlungspflicht im Krankheitsfall aufgrund anrechenbarer Vorerkrankungszeiten für den Arbeitgeber ausläuft.
Ein Verfahren zur „aktiven Abfrage“ von Vorerkrankungszeiten durch den Arbeitgeber besteht ja bereits im Meldeverfahren Entgeltersatzleistung (EEL) gemäß § 107 Abs. 2 SGB V. Dieses soll auch zunächst so fortbestehen, so dass eine Umsetzung des Vorerkrankungsverfahrens zeitweise gesetzlich sowohl im Meldeverfahren Entgeltersatzleistungen als auch in einem Verfahren nach § 109 Abs. 2 SGB IV vorgesehen ist, beides im Datenträgeraustausch EEL.
Da ein solches „Parallelverfahren“ jedoch nicht zielführend ist, hat sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) dafür ausgesprochen, letztlich nur ein Vorerkrankungsverfahren abzubilden. Das bisherige EEL-Verfahren ist daher bis spätestens zum 01.01.2023 in einen Regelprozess im Sinne des § 109 Abs. 2 SGB IV zu überführen.
Man könnte also sagen, dass die Optimierung die EEL-Vorerkrankungsabfrage durch die Arbeitgeber spätestens zum 01.01.2023 zu einem „proaktiven“ EEL-Vorerkrankungsverfahren durch die Krankenkassen optimiert werden soll.
Mit dem 8. SGB IV-Änderungsgesetz wird das Verfahren bzw. der §109 Abs. 2 SGB IV jedoch aufgehoben. Es bleibt im EEL-Verfahren also weiterhin beim bekannten Verfahren der Vorerkrankungsanfrage.
Weitere Artikel der Blog-Reihe
- Teil 2: Verfahrensteilnehmer und zukünftiger Prozess
- Teil 3: Datensatzbeschreibungen und Besonderheiten beim eAU-Abruf
- Teil 4: eAU-Rückmeldungen seitens der Krankenkassen und der Eingangsprozess im SAP HCM
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