Elektronische AU-Bescheinigung (eAU) im SAP HCM – Teil 2
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) wird digital, auch in SAP HCM: in diesem zweiten Teil der mehrteiligen Blog-Reihe informieren wir über Verfahrensteilnehmer und den zukünftigen Prozessablauf.
Vorige Artikel der Blog-Reihe
Im ersten Teil der Blog-Reihe informierten wir über Grundlagen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die zeitliche Planung der Einführung der eAU sowie über das ebenfalls geplante Vorerkrankungsverfahren. Sollten Sie diesen Teil verpasst haben, klicken Sie hier.
eAU-Verfahrensteilnehmer
Das Ziel der eAU ist die Entlastung von sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern. Inwieweit dies gelingt bleibt abzuwarten, denn zu einer vollständigen Elektronifizierung und Automatisierung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird es nicht kommen.
Die gesetzlichen Regelungen gelten lediglich für gesetzlich Krankenversicherte einschließlich geringfügig und kurzfristig Beschäftigte, Werksstudenten, Praktikanten sowie freiwillig versicherte Beamte. Privat Krankenversicherte nehmen hingegen nicht teil, so dass am Verfahren entsprechend auch lediglich die gesetzlichen Krankenkassen teilnehmen, die privaten hingegen nicht.
WICHTIG: Bei den explizit genannten Personengruppen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird neben bspw. der „Minijob-Zentrale“ also zukünftig ebenfalls die gesetzliche Krankenkasse im Infotyp 0013 „Sozialversicherung D“ benötigt. Daher – und auch aufgrund Änderungen in den Meldeverfahren DEÜV und EEL – hat SAP bereits eine entsprechende Erweiterung des Infotypen 0013 vorgenommen, welche wir bereits hier vorgestellt haben.
Auf Seiten der Ärzte gelten die gesetzlichen Regelungen ausschließlich für die Vertragsärzte und -zahnärzte, die für GKV-Versicherten tätig sind. Privatärzte und vergleichbare Ärzte im Ausland nehmen hingegen nicht teil.
Bei den Krankenhäusern sind diejenigen mit Teilnahme am sogenannten Entlassmanagement ins Verfahren eingebunden. Das Entlassmanagement soll Versorgungslücken beim Übergang von der stationären Krankenhausversorgung in eine weitergehende medizinische, rehabilitative oder pflegerische Versorgung zum Wohle der Patienten sicherstellen. Dies betrifft bspw. die Veranlassung von Nachbehandlungen durch Krankenhäuser. Zudem gibt es verantwortlichen Krankenhausärzte aber auch die Möglichkeit Arbeitsunfähigkeit für einen Übergangszeitraum von bis zu sieben Tagen zu verordnen. Neben der AU im Entlassmanagement übermitteln Krankenhäuser ebenfalls die voraussichtliche Dauer und das Endes stationärer Aufenthalte (mehr zum eAU-Datensatz im Teil 3 dieser Serie).
Für Rehabilitations-Einrichtungen gilt dies ebenso. Allerdings ist hier ein Entlassmanagement nur im Zusammenhang mit Leistungen der GKV vorgesehen, nicht hingegen mit Leistungen der Renten- oder Unfallversicherung. Dauer und Ende stationärer Aufenthalte werden jedoch (vorerst) nicht übermittelt.
Kinder von gesetzlich Krankenversicherten nehmen ebenfalls nicht am Verfahren teilnehmen, bei „Kind krank“ bleibt es also beim bisherigen Papierprozess.
Die am Verfahren Teilnehmenden und Nicht-teilnehmenden sind in folgender Tabelle nochmals aufgeführt (Änderungen/Aktualisierungen nicht ausgeschlossen):
teilnehmende | nicht-teilnehmende |
---|---|
Alle gesetzlich Krankenversicherten und deren Arbeitgeber, d.h. inkl. – geringfügig/kurzfristig Beschäftigte, – Werksstudenten/Praktikanten sowie – freiwillig versicherte Beamte | Privat Krankenversicherte |
Gesetzliche Krankenkassen | Private Krankenkassen |
Vertragsärzte/-zahnärzte der gesetzlich Versicherten | Privatärzte und vergleichbare Ärzte im Ausland |
Krankenhäuser (mit Teilnahme am Entlassmanagement) | |
Reha-Einrichtungen im Entlassmanagement i.Z.m. Leistungen der GKV | Reha-Einrichtungen i.Z.m. Leistungen der RV/UV |
Kinder der gesetzlich Krankenversicherten („Kind krank“) |
eAU-Prozessablauf (ab 01.01.2023)
Der Prozessablauf soll zur Übersicht in der folgenden Abbildung veranschaulicht und dann Schritt für Schritt beschrieben werden.
Zu beachten ist dabei natürlich, dass nicht alle Schritte in der angegebenen Reihenfolge oder überhaupt erfolgen müssen. Mehr dazu im jeweiligen Schritt.
Schritt 1: Person meldet sich beim AG „krank“
Ist eine Person nicht arbeitsfähig, so ist sie – wie bisher auch – gemäß §5 Abs. 1 EntgFG „verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen“. Dies ist natürlich wichtig, damit der Arbeitgeber hinsichtlich der Vertretung notwendige organisatorische Maßnahmen in Gang setzen kann (bspw. der Abruf von „Springern“). Auf welchem Wege die Information übermittelt wird, dürfte in der Praxis stark variieren. Vorstellbar sind telefonische Kontaktaufnahme, SMS, E-Mail oder im SAP HCM die Nutzung der Employee Self Services. In Fällen, in denen die Person gesundheitlich nicht (mehr) in der Lage ist, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen, erhält dieser letztlich natürlich keine Information. Eine Situation, die in der zukünftigen Prozessgestaltung beachtet werden könnte.
Dauert die Arbeitsunfähigkeit maximal drei Kalendertage und ist vertraglich nichts anderes vereinbart, so benötigt die Person kein ärztliches Attest. Eine eAU entsteht in diesem Fall dann nicht, ein späterer Abruf bliebe ohne Ergebnis.
Schritt 2: Person geht zum Arzt/ins Krankenhaus
Anders kann es natürlich aussehen, wenn die Person beim Arzt oder im Krankenhaus vorstellig wird. An welchem Tag der Arbeitsunfähigkeit dies passiert, ist zunächst ungewiss, sollte jedoch später erfragt werden.
Kurz erwähnt werden sollen in diesem Schritt noch Hausbesuche. Bei diesen steht den behandelnden Ärzten ad hoc kein Praxisverwaltungssystem zur Verfügung. Eine eAU ist also erst nach Rückkehr in die Praxis möglich. Die Übermittlung an die Krankenkassen wird in diesen Fällen bis zum Ende des auf den Hausbesuch folgenden Werktag verlangt (Samstage und Sonntage zählen dabei nicht als Werktag).
Schritte 3a/b: Arzt/Krankenhaus stellt AU aus und übermittelt an Krankenkasse
Wird die Person bei einem Arzt oder im Krankenhaus vorstellig und wird eine Arbeitsunfähigkeit bzw. ein stationärer Aufenthalt bescheinigt, so erhält die Person im Regelfall lediglich noch einen Papiernachweis für ihre eigenen Unterlagen im Sinne eines Beweismittels. Die bisherigen Nachweise für Arbeitgeber und Krankenkasse entfallen, da die eAU vom Praxisverwaltungssystem direkt an die Krankenkasse der Person gesandt wird. Dies kann unmittelbar (via Komfortsignatur) oder einmal täglich gesammelt (via Stapelsignatur) erfolgen.
Lediglich in Fällen, in denen eine elektronische Übermittlung an die Krankenkasse (für einen längeren Zeitraum) nicht möglich ist, kommt ein Ersatzverfahren zur Anwendung. Hierbei erhält die Person eine weitere Papier-Bescheinigung für den Arbeitgeber und eine für die Krankenkasse, welche sie per Post an die Krankenkasse zu senden hat. Die papiergebundene Ausfertigung für die Krankenkasse hat dazu folgenden Hinweis erhalten: „Wird Ihnen in der Arztpraxis die für die Krankenkasse bestimmte Ausfertigung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgehändigt, leiten Sie diese bitte an Ihre Krankenkasse weiter. Dadurch können zeitliche Verzögerungen bei der Gewährung von Kranken- bzw. Verletztengeld vermieden werden“. Die Papier-Bescheinigung wird dann von der Krankenkasse digitalisiert und dem Arbeitgeber elektronisch zum Abruf zur Verfügung gestellt.
Tritt die Störung erst auf, wenn der Person die Papierbescheinigungen nicht mehr ausgehändigt werden können, weil sie bspw. die Arztpraxis bereits verlassen hat, so hat die Arztpraxis die Ausfertigung für die Krankenkasse zu drucken und postalisch an die Krankenkasse zu senden, sofern die elektronische Übermittlung nicht bis zum nachfolgenden Werktag möglich ist.
Bei Nicht-GKV-Versicherten sollten Vertragsärzte in ihrem Praxisverwaltungssystem (PVS) direkt angezeigt bekommen, dass die digitale Übermittlung der AU-Daten an die Krankenkasse nicht möglich ist. In diesem Fall kommt also bis auf Weiteres das erwähnte Ersatzverfahren zum Einsatz, d. h. es werden wie bisher Ausdrucke für Krankenkasse, Arbeitgeber und Versicherte erstellt und diesen ausgehändigt.
Schritt 4: Person meldet sich beim AG „krank mit Attest“
Idealerweise meldet sich die arbeitsunfähige Person nochmals beim Arbeitgeber und teilt diesem den festgestellten Beginn und die bescheinigte Dauer der Arbeitsunfähigkeit mit. So erhält der Arbeitgeber genauere Daten zum späteren digitalen Abruf der eAU. Dies kann durchaus wichtig sein, da es keinen „Pauschalabruf“ gibt, sprich eine pauschale Anforderung aller noch nicht abgerufenen eAU eines Arbeitgebers für die bei der betreffenden Krankenkasse Versicherten. Wie dies erfolgt, kann erneut stark variieren, von telefonischer Kontaktaufnahme, SMS, E-Mail bis hin zur Nutzung der Employee Self Services im SAP HCM.
Schritte 5+6: Austausch eAU durch AG und Krankenkasse
Ein Abruf der eAU bei der Krankenkasse darf durch den Arbeitgeber allgemein nur dann erfolgen, wenn er zum Erhalt der Daten auch berechtigt ist. Eine solche Berechtigung liegt vor,
sofern
- für die angefragten Zeiträume ein Beschäftigungsverhältnis des Arbeitnehmers bei dem anfragenden Arbeitgeber bestand und
- der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die abzurufende Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer nach §5 Abs. 1 Satz 1 EntgFG vorab mitgeteilt hat.
Das zentrale Identifizierungsmerkmal für die einzelne Person ist die Versicherungsnummer. Daneben werden Familienname, Vorname, Geburtsdatums und Geschlechts übermittelt. Ist die Versicherungsnummer der Person (noch) nicht bekannt, so ist diese via Versicherungsnummernabfrageverfahren bei der Datenstelle der Rentenversicherung abzufragen und für die eAU-Anfrage an die Krankenkasse zu verwenden (§ 28a Absatz 3a SGB IV). Wurde für eine solche Person bereits die DEÜV-Anmeldung versendet, so sollte die Versicherungsnummer bereits in der Antwort bzw. Rückmeldung der Krankenkasse zurückgemeldet worden sein. Konnte die Versicherungsnummer dennoch nicht ermittelt werden, so sind im Datensatz der Anforderung der eAU zusätzlich der „Geburtsname“ und der „Geburtsort“ der Person zur eindeutigen Identifikation anzugeben.
Weiß der Arbeitgeber, dass eine eAU für die Person vorliegt oder ist davon auszugehen, fordert er eine eAU bei der Krankenkasse der betreffenden Person an.
Die Anforderung bzw. der Abruf erfolgt pro Person mit einem Abrufdatum. Ein pauschaler Abruf aller der Krankenkasse für den Arbeitgeber vorliegenden eAU ist hingegen nicht möglich. Dies heißt jedoch natürlich nicht, dass es pro Krankenkasse nur Einzelabrufe gibt. Stattdessen werden – wie aus anderen SV-Meldeverfahren üblich – pro Krankenkasse bzw. Annahmestelle die aktuellen Abrufe zusammengefasst und dann als „Paket“ in einer Meldedatei versandt. Pro Person ist dabei dann jedoch das erwähnte Abrufdatum anzugeben (mehr dazu in den folgenden Teilen der Blog-Reihe).
Nach Versand der eAU-Meldedatei and die Krankenkasse und deren Bereitstellung der Rückmeldung holt der Arbeitgeber die entsprechenden Rückmeldung bzw. Rückmelde-Datei vom GKV-Kommunikationsserver ab.
Liegt für die Person noch keine eAU vor – bspw. weil von Arbeitgeberseite ein zu früher Abruf erfolgte – meldet die Krankenkasse dies mit einem entsprechenden Fehlerkennzeichen zurück. Dies macht zunächst jedoch keine neue Anforderung von Arbeitgeberseite notwendig, da die Krankenkasse 14 Tage Zeit hat, dem Arbeitgeber erneut auf die eAU-Anfrage zu antworten.
Liegt für die Person eine eAU vor, so wird diese abgeholt und kann ins SAP HCM eingespielt und verarbeitet werden. Was genau dies im SAP HCM bedeutet, und welche Fallkonstellationen dabei auftreten können, soll in einem späteren Teil der Blog-Reihe ausgeführt werden.
Weitere Artikel der Blog-Reihe
Folgende Artikel der Blog-Reihe sind bereits erschienen:
- Teil 1: Grundlagen und zeitliche Planung
- Teil 3: Datensatzbeschreibungen und Besonderheiten beim eAU-Abruf
- Teil 4: eAU-Rückmeldungen seitens der Krankenkassen und der Eingangsprozess im SAP HCM
Haben Sie weitere Fragen oder benötigen Sie Unterstützung bei der Umsetzung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)?
Sprechen Sie uns auch gerne an! Einen direkten Link zum Kontaktformular finden Sie hier.
Gibt es evtl. ein Thema, was Sie „brennend“ interessiert und worüber wir unbedingt schreiben sollten?
Dann schicken Sie uns Ihre Idee gerne per Mail über das folgende Kontaktformular! Vielen Dank im Voraus!