Elektronisch unterstützte Betriebsprüfung (euBP) in SAP HCM (1/2)
Zum 01.01.2023 besteht für Arbeitgeber hinsichtlich Entgeltabrechnungsdaten die Teilnahmeverpflichtung für die elektronisch unterstützte Betriebsprüfung (euBP), auch mit SAP HCM. In diesem ersten von zwei Blog-Artikeln sollen die Grundlagen der euBP beschrieben werden.
Motivation zur euBP
Die Rentenversicherungsträger sind verpflichtet, gemäß § 28p SGB IV sowie Beitragsverfahrensverordnung (BVV) gemäß Verjährungsfrist der Sozialversicherungsbeiträge mindestens alle vier Jahre zu prüfen, ob Arbeitgeber ihre Melde- und sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen. Sie prüfen dabei insbesondere:
- die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen zur Sozialversicherung,
- die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz,
- die Insolvenzgeldumlage,
- die Beurteilung von unfallversicherungspflichtigem Arbeitsentgelt und dessen Zuordnung zu den unfallversicherungsträgerspezifischen Gefahrtarifstellen,
- die Abgaben und Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz sowie
- den Insolvenzschutz bei Wertguthabenvereinbarungen.
Nachdem die Entgeltabrechnung und insbesondere auch die Meldeverfahren inzwischen weitestgehend digitalisiert sind, wird diese Digitalisierung nun auch auf die SV-Betriebsprüfung ausgeweitet. Die prüfrelevanten Daten sollen aus systemgeprüften Gehaltsabrechnungs- und Finanzbuchhaltungsprogrammen elektronisch übermittelt werden, um den Aufwand einer herkömmlichen Betriebsprüfung für Unternehmen und Betriebsprüfer zu verringern, so dass eine Prüfung vor Ort ggf. sogar gänzlich entfallen kann. Es kommt dabei jedoch nicht zu einer regelmäßig wiederkehrenden elektronischen Datenübermittlung wie in anderen Meldeverfahren, sondern nur zu einer einmaligen zur Vorbereitung der jeweiligen SV-Prüfung. Die übermittelten Daten werden im Anschluss an die Prüfung wieder gelöscht.
Dieses Verfahren der Elektronisch unterstützten Betriebsprüfung (euBP) gibt es schon seit einiger Zeit (01.01.2012) als Angebot der Rentenversicherung, viele Unternehmen nutzen sie bereits auf freiwilliger Basis. Durch die guten Ergebnisse hat der Gesetzgeber beschlossen, die euBP für Daten der Gehaltsabrechnung ab dem 01.01.2023 verpflichtend vorzuschreiben. Auf Antrag können Arbeitgeber jedoch für Zeiträume bis zum 31.12.2026 auf eine elektronische Übermittlung verzichten. Der Antrag ist formlos und unter Angabe der Betriebsnummer an den für die Betriebsprüfung zuständigen Rentenversicherungsträger zu senden.
Die elektronische Übermittlung der Daten der Finanzbuchhaltung bleibt weiterhin freiwillig.
Vorteile der euBP
Die Rentenversicherung sieht folgende Vorteile der euBP gegenüber der „herkömmlichen“ Prüfung:
- geringerer Vorbereitungsaufwand durch elektronische Datenübermittlung,
- Entfall der Bereithaltung umfangreicher Unterlagen in Papierform,
- Verkürzung der Prüfdauer vor Ort bzw. idealerweise sogar Entfall einer Prüfung vor Ort,
- Entfall der Bereitstellung zusätzlicher technischer Hilfsmittel für die Prüfer (bspw. PC, Systemzugang etc.) sowie
- Entlastung der Arbeitgeber durch Übermittlung von Grunddaten für Meldekorrekturen nach durchgeführter Prüfung.
Prozess-/Verfahrensablauf
Ankündigung / Datenanforderung
Sofern der Arbeitgeber am Verfahren euBP teilnimmt bzw. für Zeiten vom 01.01.2023 (bis längstens 31.12.2016) nicht auf die elektronische Datenübermittlung verzichtet hat, werden die Arbeitgeberdaten mit der schriftlichen Prüfankündigung gemäß § 7 Abs. 1 BVV angefordert. Diese Prüfankündigung enthält u.a. die Angabe des spätesten Termins für die elektronische Datenlieferung an die Rentenversicherung für einen reibungslosen Prüfablauf.
Datenübermittlung
Mit der euBP haben die Arbeitgeber nun die Möglichkeit, die prüfrelevanten Daten über eine einheitliche Schnittstelle via Kommunikationsserver an die Rentenversicherung zu senden. Es handelt sich hier also um ein Verfahren analog der bisherigen der SV-Kommunikation mit analogem Ablauf (mehr dazu im zweiten Teil) und analoger Datensatzstruktur (mehr dazu unten).
Der Datenübermittlungszeitraum für alle betreffenden Datensätze und -bausteine umfasst nicht nur den i.d.R. vierjährigen GSV-Prüfzeitraum, sondern zudem
- das komplette Kalenderjahr sowie ggf. das komplettierte Kalenderjahr vor dem GSV-Prüfzeitraumbeginn sowie
- den Zeitraum nach dem Ende des GSV-Prüfzeitraums bis zum letzten abgerechneten und per Beitragsnachweis an die Einzugsstelle übermittelten Monat des laufenden Jahres.
Nur so wird es den Prüfern möglich, auch Sachverhalte wie Märzklausel, Beitragsschätzungen oder Beitragsverrechnungen des GSV-Prüfzeitraums korrekt bewerten zu können. Sofern der Beginn des Prüfzeitraums für Unfallversicherung und/oder Künstlersozialversicherung sogar noch vor dem Vorjahr des GSV-Prüfzeitraums beginnt, ist dieses Datum als Beginn für den Datenübermittlungszeitraum heranzuziehen. Sofern es Aspekte gibt, die sich (weiter) über das Ende des Prüfzeitraums hinaus ins laufende Jahr erstrecken bzw. Aspekte aus dem laufenden Jahr, die sich auf den Prüfzeitraum auswirken, sind diese durch die Prüfer aufzugreifen, um beim Arbeitgeber zeitnah die korrekte Entgeltabrechnung sicherzustellen.
Die Datenübermittlung – also der Eingang der Daten – wird dem Arbeitgeber (bzw. Absender) von der DSRV per Annahmequittung unmittelbar bestätigt. Sofern die übermittelten Daten vom in den Gemeinsamen Grundsätzen zur euBP definierten Datenformat abweichen, kann es analog der anderen SV-Meldeverfahren natürlich auch zu einer Datenablehnung kommen.
Datenprüfung, Datenrückmeldungen & Abschluss
Die an die DSRV übermittelten Daten werden vom Prüfer mit Hilfe einer Prüfsoftware analysiert, es erfolgt eine Prüfung auf Plausibilität und Richtigkeit von Beitragsberechnung und -zahlungen. Ergeben sich bei dieser Prüfung keine Auffälligkeiten, kann die gesamte Prüfung mit den elektronisch gelieferten Daten ggf. bereits abgeschlossen werden, eine Einsichtnahme der Unterlagen vor Ort würde entfallen. Auch in diesem Fall werden die Prüfergebnisse in jedem Fall durch die Prüfer gemeinsam mit Ihnen besprochen. Im Anschluss wird auch wie gewohnt ein Prüfbescheid zugesandt.
Ergeben sich innerhalb der Prüfung der elektronischen Daten Unstimmigkeiten bzw. muss (generell) eine Prüfung vor Ort erfolgen, so ist es wahrscheinlich, dass sich die Prüfer dabei auf die konkreten Unstimmigkeiten bzw. Feststellungen aus der elektronischen Datenprüfung beschränken (können).
Im Rahmen der Prüfung „antwortet“ die Rentenversicherung auch elektronisch im Verfahren der euBP. Diese Eingangsmeldungen der Rentenversicherung umfassen Statusmeldungen zum aktuellen Stand der Betriebsprüfung (Datensatz DSSM), zu melderelevanten Entgeltdifferenzen und Meldekorrekturen (Datensatz DSGM) sowie Information zur Ursprungsmeldung der betreffenden Personalfälle (Datensatz DSUM).
Nach Abschluss der Prüfung bzw. Bestandskraft des Prüfbescheides werden die elektronisch übermittelten Daten bei der DSRV gelöscht. Es erfolgt eine entsprechende Statusmeldung seitens der DSRV mit dem Datensatz Statusmeldung (DSSM).
Im Folgenden eine Übersicht der Datensätze und Datenbausteine der euBP.
Datensätze und Datenbausteine im euBP-Verfahren
Neben den Datensätzen der Arbeitgeber sind im Verfahren auch Datensätze für Rückmeldungen seitens der Deutschen Rentenversicherung vorgesehen. Beide sollen im Folgenden tabellarisch skizziert werden.
Arbeitgeber
datensatz | bezeichnung | Enthält (U.a.) Datenbaustein | bezeichnung | inhalt |
---|---|---|---|---|
DSKO | Kommunikation | Absender- und Empfängerinfos, Statusinformationen des Datensatzes etc. | ||
DSST | Steuerung | Grundlegende Informationen zur Datensendung | ||
DASG | Stammdaten Arbeitgeber | Zur Identifizierung und Durchführung der Betriebsprüfung erforderliche Stammdaten des Arbeitgebers | ||
DSEK | Gewählter Erstattungssatz Krankenkasse | Vom Arbeitgeber gemäß Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) gewählter Erstattungssatz für Umlage im Krankheitsfall (U1) je Krankenkasse | ||
DSBN | Beitragsnachweis | …orientiert sich am Datensatz des Beitragsnachweis-Verfahrens | ||
>> | DBSC | Schätzbeiträge | Vom Arbeitgeber vorgenommene monatliche Ermittlung der voraussichtlichen Beitragsschuld | |
>> | DBRB | Restbeiträge | Vom Arbeitgeber errechnete Differenzbeträge zwischen voraussichtlicher und tatsächlicher Beitragsschuld des Vormonats | |
DSAN | Stammdaten Arbeitnehmer | In den Entgeltunterlagen vorhandene prüfrelevante Personenstammdaten | ||
DSLA | Lohn Arbeitnehmer | Daten zur Entgeltabrechnung der einzelnen Personalnummer, einzelne Sachverhalte bzw. „Sonderthemen“ sind in den folgenden Datenbausteinen „ausgelagert“ (sofern jeweils vorhanden) | ||
>> | DBFZ | Fehlzeiten | ||
>> | DBKG | Kurzarbeitergeld (KuG) | ||
>> | DBAT | Altersteilzeit (ATZ) | ||
>> | DBWO | Wertguthaben Ost | ||
>> | DBWW | Wertguthaben West | ||
>> | DBS4 | Seemännische Besonderheiten (DSLA) | ||
>> | DBVT | Vortragswerte | ||
DBFE | Fehler | Information über vom Arbeitgeber gelieferten fehlerafte Bausteine im Rahmen einer Datensatzablehnung |
Deutsche Rentenversicherung
datensatz | bezeichnung | inhalt |
---|---|---|
DSSM | Statusmeldung | Status-Rückmeldungen zu den übermittelten Daten und zum Stand der Prüfung |
DSGM | Grunddaten für Meldekorrekturen | Zusammenrechnung melderelevanter Entgeltdifferenzen je Personalnummer und Kalenderjahr |
DSUM | Information zur Ursprungsmeldung | Informationen für Zuordnung der Grunddaten für Meldekorrekturen zum jeweiligen Personalfall |
euBP im SAP HCM
Im zweiten Teil unserer Blog-Serie wird die Umsetzung der euBP im SAP HCM beschrieben.
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